05.09.2022 | Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten
Bei einem zum Betriebsvermögen gehörenden Fahrzeug eines Unternehmers, der dieses Fahrzeug auch für private Fahrten nutzen kann, schreibt der Gesetzgeber vor, dass die Möglichkeit seiner Privatnutzung zu versteuern ist. Ungeachtet dessen kann er alle die mit dem Fahrzeug im Zusammenhang stehenden Aufwendungen als Betriebsausgabe berücksichtigen.
Führt der Unternehmer für sein Fahrzeug ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, kann er durch Verhältnisrechnung der privaten und betrieblichen Fahrten den Anteil seiner Aufwendungen, die auf seine tatsächlichen Privatfahrten entfallen, ermitteln und versteuern.
Wählt der Unternehmer nicht die Möglichkeit, ein Fahrtenbuch zu führen oder führt er dieses nicht vorschriftsgemäß und wird das Fahrzeug zu mehr als der Hälfte betrieblich genutzt, ist der private Nutzungsanteil mit einem pauschalierten Verfahren unter Anwendung der sogenannten Ein-Prozent-Regelung und unter Verwendung des Bruttolistenpreises des Fahrzeuges zu ermitteln. Dies möchte ich an folgendem Beispiel erklären:
Der Bruttolistenpreis eines Fahrzeuges beträgt 50.000 EUR. Hierauf ist ein Prozent, somit 500 EUR monatlich, also 6.000 EUR jährlich zu versteuern. Für z. B. Elektro- oder Hybrid-Fahrzeuge und Fahrräder bestehen Besonderheiten. Wohnt der Unternehmer nicht an seinem Betriebssitz und fallen zusätzliche Fahrten zwischen seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte an, erhöhen diese den zu versteuernden Betrag.
Kostendeckelung
Nun gibt es Fälle, in denen das Fahrzeug weniger Gesamtkosten verursacht, als nach der dargestellten Methode zu versteuern wären. Unter diese Kosten fallen vor allem die Kfz-Steuer, die Versicherung, Reparaturen, der Treibstoff und die Abschreibung des Kaufpreises bzw. bei einem geleasten Fahrzeug in der Regel anstelle der Abschreibung die Leasingraten. Sollten die Gesamtkosten geringer sein als der sich nach der Ein-Prozent-Methode ergebende Besteuerungsbetrag, wird die Versteuerung auf die Höhe der Gesamtkosten beschränkt („Kostendeckelung“).
Die Höhe der zu versteuernden Privatnutzung ist jedoch aus den verschiedensten Gründen immer wieder ein Streitthema, wie der folgende Fall zeigt:
Leasingsonderzahlung
Der Unternehmer mit dem oben beschriebenen Fahrzeug leaste seinen betrieblichen Pkw und leistete im ersten Jahr der Leasingzeit eine Leasingsonderzahlung. Diese Zahlung konnte er, weil er nicht bilanzierte, sondern seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte, im Jahr der Zahlung bereits in voller Höhe als Betriebsausgabe gewinnmindernd berücksichtigen. Durch die hohe Leasingrate überstiegen die Pkw-Kosten bei weitem den sich nach der Ein-Prozent-Regelung ergebenden Besteuerungsbetrag, so dass die Kostendeckelung nicht zur Anwendung kommen konnte. In den Folgejahren sah die Situation anders aus. Wegen der hohen Sonderzahlung zu Beginn des Leasingvertrages brauchte er nur noch relativ geringe monatliche Leasingraten zu zahlen. Der Unternehmer wandte in Folge dessen ab dem 2. Jahr die Kostendeckelung an und beschränkte die Besteuerung auf die Höhe seiner Fahrzeugkosten inklusive der niedrigen monatlichen Leasingraten.
Führen wir unseren Fall fort: Die Gesamtkosten betrugen in den Folgejahren jeweils 4.800 EUR. Die eigentlich auf Grundlage von 6.000 EUR vorzunehmende Besteuerung deckelte er folglich auf 4.800 EUR.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die anfängliche Leasingsonderzahlung von rund 21.000 EUR für Zwecke der Kostendeckelung auf die dreijährige Laufzeit des Leasingvertrages zu verteilen sei. Dies hatte zur Folge, dass die jährlichen Vergleichskosten von 4.800 EUR zzgl. einem Drittel der Leasingkosten in Höhe von 7.000 EUR insgesamt also 11.800 EUR betrugen. Die Kosten waren nunmehr höher als der zu besteuernde Betrag von 6.000 EUR, so dass die Kostendeckelung nach dieser Rechnung entfiel. Dieser Fall ging bis zum Bundesfinanzhof, der dem Finanzamt im Urteil vom 17.05.2022, Az. VIII R26/20 in vollem Umfang Recht gab.