10.07.2023 | Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten
Tatsächlich gibt es die Möglichkeit, vom Finanzamt zu einer materiell-steuerlichen Beurteilung eines Sachverhaltes eine „verbindliche Auskunft“ zu erhalten. Die Finanzbehörde kann so Zweifel, die im Einzelfall bei der Anwendung oder Auslegung einer Gesetzesnorm bestehen und erhebliche steuerliche Auswirkungen haben, im Vorhinein ausräumen.
Die Fragestellung muss sich jedoch auf einen geplanten, also noch nicht verwirklichten Sachverhalt im Zeitpunkt der Erteilung der Auskunft beziehen und in Form eines schriftlichen oder elektronischen Antrags erfolgen. Aus diesem muss erst einmal die genaue Bezeichnung des Antragstellers hervorgehen. Handelt es sich um einen Sachverhalt, der mehreren Personen steuerlich zuzurechnen ist, muss der Antrag von allen Beteiligten gemeinsam gestellt werden. Sollte die Person (zum Beispiel GmbH) noch nicht existieren, kann ein Dritter den Antrag stellen, sofern er ein berechtigtes Interesse nachweist. Weiterhin muss der Sachverhalt vollständig und umfassend dargestellt werden. Das Finanzamt hat den Antragsteller gegebenenfalls zu notwendigen Ergänzungen aufzufordern, eine Verpflichtung zu eigenen Ermittlungen besteht jedoch nicht.
Im Antrag ist darüber hinaus das besondere steuerliche Interesse des Antragstellers darzulegen. Ein solches ist dann gegeben, wenn zum Beispiel rechtliche Unsicherheiten bestehen, von denen seine weiteren Entscheidungen abhängen oder bei Sachverhalten mit Dauerwirkung. Neben dem bestehenden Rechtsproblem und dem eigenen rechtlichen Standpunkt ist die zu entscheidende Rechtsfrage zu formulieren und die steuerlichen Auswirkungen darzustellen. Schließlich hat der Antragsteller zu erklären, dass er bei keiner anderen Finanzbehörde zum maßgeblichen Sachverhalt eine verbindliche Auskunft beantragt und er alle Angaben vollständig und wahrheitsgemäß angegeben hat.
Wichtig ist, dass ein solcher Antrag im Zusammenhang mit einkommen-, körperschaft-, umsatz- oder versicherungssteuerlichem Hintergrund bei der Behörde, die auch bei der Verwirklichung des geplanten Sachverhaltes örtlich zuständig sein würde, zu stellen ist; in einigen anderen Fällen beim Bundeszentralamt für Steuern.
Das Finanzamt soll dann innerhalb sechs Monaten darüber entscheiden. Dauert es länger ist dem Antragsteller dies mitzuteilen und zu begründen. Die Auskunft besteht dann in einer Zustimmung oder Ablehnung der dargestellten Rechtsauffassung, die das Finanzamt, jedoch nicht den Antragsteller für die Zukunft bindet. Zudem müssen in der erteilten Auskunft der Sachverhalt, die angewandten Rechtsvorschriften, die wesentlich Begründung, die Steuerarten und der Geltungszeitraum angegeben werden. In Ausnahmefällen darf die verbindliche Auskunft jedoch auch abgelehnt werden.
Vor einigen Jahren wurde für die verbindliche Auskunft, deren Gegenstandswert mindestens 10.000 Euro beträgt, eine Gebührenpflicht eingeführt, deren Höhe nach dem Gerichtskostengesetz ermittelt wird. Bei einem Gegenstandswert von 20.000 Euro entsteht eine Gebühr von 265 Euro bei doppeltem Gegenstandswert 456 Euro. Die Maximalgebühr beträgt 109.736 Euro. Kann ein Gegenstandswert nicht ermittelt werden, wird die Bearbeitungszeit aller beteiligten Bediensteten mit einem Halbstundensatz von 50 Euro berechnet, sofern die Schwelle von zwei Stunden überschritten ist. Zu beachten ist ferner, dass bei Rücknahme eines solchen Antrags die Gebühr nicht entfällt, sondern anteilig zu bemessen ist.
Verbindliche Zusage
Von der verbindlichen Auskunft zu unterscheiden ist die „verbindliche Zusage“ im Anschluss an eine Betriebsprüfung. Diese soll dem geprüften Unternehmer Sicherheit über die Behandlung eines bei dieser Prüfung geprüften, also bereits verwirklichten Sachverhaltes geben, der in die Zukunft weiter fortwirkt oder sich in der Zukunft wiederholt, wie zum Beispiel die Ausgestaltung von Miet-, Leasing-, Gesellschaftsverträgen oder anderen sich wiederholenden Geschäftsabwicklungen. Darüber hinaus kann jeder Arbeitgeber in Angelegenheiten seiner Mitarbeiter in Lohnsteuerangelegenheiten die sogenannte Anrufungsauskunft in Anspruch nehmen.
Die Erteilung der verbindlichen Zusage und die Lohnsteueranrufungsauskunft sind gebührenfrei.