Wird das Übertragen oder Erben von Immobilien wirklich teurer?

12.12.2022 |  Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten

In diesen Tagen häufen sich die Anrufe von Mandanten, die aus den Medien erfahren haben, dass die Steuer auf geerbten oder geschenkt erhaltenen Immobilien ab nächstem Jahr erheblich teurer wird. Hier ist von 50% höheren Bewertungen die Rede. Das könnte, je nach Steuersatz, Verwandtschaftsverhältnis und Höhe des übertragenen Vermögens bei einem Immobilienwert von 300.000 Euro schnell mal eine Auswirkung von 45.000 Euro bedeuten; bei sehr hohen Vermögensübertragungen auch mehr.

 

Was ändert sich wirklich?

 

Die Antwort ist wie so oft im Steuerrecht: Das kommt drauf an. Mit dem Jahressteuergesetz 2022, das am 02.12.2022 vom Bundestag beschlossen worden ist und am 16.12.2022 noch den Bundesrat passieren muss, sollen unter anderem zentrale Verfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke an die geänderte Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14. Juli 2021 angepasst werden. Bebaute Grundstücke sind grundsätzlich wie bisher in Abhängigkeit von ihrer Grundstücksart entweder nach dem Vergleichswert-, Ertragswert- oder nach dem Sachwertverfahren zu bewerten.

 

Beim Vergleichswertverfahren sind vorrangig Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend genau verglichen werden können (Vergleichsgrundstücke). Die Werte liefern die örtlichen Gutachterausschüsse. Dieses Verfahren gilt für die Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern, Wohnungseigentum und Teileigentum. Hieran ändert sich nichts! Zu prüfen ist hier nach wie vor, ob die vom Gutachterausschuss herangezogenen Vergleichsgrundstücke wirklich geeignet sind.

 

Für Mietwohngrundstücke sowie Geschäfts- und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt (sog. Renditeobjekte) gilt das Ertragswertverfahren. Durch das Jahressteuergesetz 2022 wird die pauschal anzusetzende Gesamtnutzungsdauer um durchschnittlich zehn Jahre erhöht. Dies führt in aller Regel zu einer Höherbewertung, weil sich die Restnutzungsdauer verlängert. In die Bewertung gehen ferner die vom Gutachterausschuss gelieferten Liegenschaftszinssätze ein. Sind solche nicht vorhanden werden die pauschalen und nunmehr gesenkten Liegenschaftssätze des Gesetzestextes für die zu bewertende Immobilie genommen, was eine höhere Bewertung zur Folge hat. Neu ist weiterhin, dass die pauschal zu ermittelnden Bewirtschaftungskosten, die in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer des Gebäudes den Gebäudeertragswert senken, nicht mehr prozentual ermittelt, sondern durch feste Verwaltungs- und Instandhaltungskosten ersetzt werden.

 

Das Sachwertverfahren ist als Auffangvorschrift für Grundstücke vorgesehen, die eigentlich nach dem Vergleichswertverfahren zu bewerten wären, für die aber kein geeigneter Vergleichswert vorliegt sowie für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die das Ertragswertverfahren anzuwenden wäre, sich am örtlichen Grundstücksmarkt aber keine übliche Miete ermitteln lässt, und für sonstige bebaute Grundstücke. Im Unterschied zur bisherigen Bewertung wird der Gebäudesachwert zukünftig über Regionalfaktoren angepasst (z. B. Hamburg von 1,00 auf 1,75), so dass sich in teureren Regionen eine weitaus höhere Bewertung ergibt. Eine Erhöhung des Sachwertes kann sich auch ergeben, wenn der Gutachterausschuss keinen adäquaten Sachwertfaktor ermittelt, weil dann die in der Anlage zum Gesetzestext festgelegten und nun nach oben angepassten Wertzahlen verwendet werden.

 

Die alternative Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert des Objekts

durch ein Gutachten nachzuweisen wird nicht eingeschränkt. Auch geht die an bestimmte Voraussetzungen geknüpfte Steuerfreiheit der Übertragung eines selbstgenutzten Eigenheims sowohl zu Lebzeiten als auch im Erbfall nicht verloren.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, das sich in Gebieten, in denen der örtliche Gutachterausschuss keine entsprechenden Daten liefert und daher die Werte aus den Gesetztestexten und deren Anlagen verwendet werden müssen, die vorgesehenen Anpassungen erheblich sein können. Das ist in Baden-Württemberg und in Bayern, vor allem in ländlichen Gebieten, der Fall. Die Gutachterausschüsse in Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen liefern ausführliche Zahlen.

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