Besonderheiten bei außergewöhnlichen Belastungen

18.09.2023 |  Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten

 

Normalerweise dürfen Kosten der privaten Lebensführung das zu versteuernde Einkommen nicht mindern. Ausnahmen bilden Sonderausgaben (z. B. bestimmte Versicherungsaufwendungen) und außergewöhnliche Belastungen.

 

Letztere sind definiert als angemessene und notwendige außergewöhnliche Aufwendungen, die zwangsweise entstanden sind. Mit entsprechendem Nachweis können diese im Jahr der Bezahlung steuermindernd geltend gemacht werden. Bereits erfolgte bzw. zu erwartende Ersatzleistungen müssen jedoch abgezogen werden. Die Einordnung solcher Aufwendungen als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben geht vor und schließt den Abzug als außergewöhnliche Belastung aus (Subsidiaritätsprinzip). Nur zur beispielhaften Aufführung, welche Aufwendungen hierunter fallen können, seien hier Krankheitskosten (u. a. verordnete Medikamente und Zuzahlungen), Kfz-Aufwendungen Schwerbehinderter, Wiederbeschaffung von durch Hochwasser verlorengegangenen Hausrats und die Unterbringung in einem Alters-/Pflegeheim genannt.

 

Schauen wir uns einige Begrifflichkeiten mal etwas genauer an: Für außergewöhnlich werden Aufwendungen gehalten, wenn sie nicht nur der Höhe nach, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Zwangsläufig heißt, dass Sie sich aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen den Aufwendungen nicht entziehen können. Die Aufwendungen müssen den Umständen nach notwendig sein und dürfen einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Sie müssen größer sein als sie der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes entstehen.

 

Zumutbare Belastung

 

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann auf Antrag der Teil der Aufwendungen, der Ihre persönliche zumutbare Belastung übersteigt, von Ihren Einkünften abgezogen werden.

 

Abhängig von der Höhe Ihrer Einkünfte, von der Veranlagungsform (Einzel- oder Zusammenveranlagung) und von der Anzahl Ihrer Kinder ermittelt sich ein gestaffelter Prozentsatz (1 bis 7 Prozent), der zur Berechnung Ihrer zumutbaren Belastung auf Ihre gesamten Einkünfte angewendet wird.

 

Hierzu ein Beispiel: Es sollen Ihnen für die Unterbringung im Seniorenheim 12.000 Euro entstanden sein, die dem Grund nach als außergewöhnliche Belastungen einzustufen sind. Nehmen wir weiter an, dass sich aus der Höhe Ihres Einkommens eine zumutbare Belastung von 8.000 Euro ergibt. Sie beantragten 4.000 Euro – denn insoweit wirken sich die außergewöhnlichen Belastungen in Ihrem Fall nur aus – und Ihre Einkommensteuer mindert sich bei einem angenommenen Steuersatz von 38% um 1.520 Euro.

 

Lohnanteile

 

Doch wie verhält es sich, wenn in den Rechnungen über außergewöhnliche Belastungen Lohnanteile enthalten sind, die, für sich alleine gesehen, als Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen bzw. Pflegeleistungen geltend gemacht werden können? Es könnte sich zum Beispiel um den behindertengerechten Umbau eines Hauses oder um Pflege- und Betreuungsleistungen in Ihrem Haus oder in einem Seniorenheim handeln. Allgemein bekannt dürfte sein, dass 20 Prozent der Lohnanteile, maximal je nach Art dieser Aufwendungen 510 Euro, 1.200 Euro oder 4.000 Euro für sich alleine gesehen Ihre zu zahlende Einkommensteuer mindern würden. Da es sich hier jedoch gleichzeitig um außergewöhnliche Belastungen handelt, würden diese Aufwendungen in einem ersten Schritt inklusive der Lohnanteile von Ihren Einkünften abgezogen, soweit die zumutbare Belastung überschritten wird. Der Ansatz der Lohnanteile als Handwerkerleistungen oder haushaltsnahe Dienstleistungen bzw. Pflegeleistungen ist insoweit nicht zulässig, wohl aber in einem zweiten Schritt in Höhe der zumutbaren Belastung; dies sogar vorrangig. Wie ist das zu verstehen?

 

 

Führen wir das obige Beispiel fort: In den als außergewöhnliche Belastungen zu qualifizierenden Rechnungen des Seniorenheimes sollen Lohnanteile in Höhe von 6.000 Euro enthalten sein. Bis zur Höhe Ihrer zumutbaren Belastung von 8.000 Euro können Sie diese Lohnanteile zusätzlich in voller Höhe als Pflege- und Betreuungsleistungen geltend machen und von einer zusätzlichen Steuererstattung von 1.200 Euro profitieren.

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