Influencer aufgepasst!

01.05.2023 |  Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten

Influencer können sich aufgrund eines neuen Urteils vielleicht über eine Umsatzsteuererstattung freuen. Hierzu hole ich kurz aus, um auch interessierte andere Leser zu diesem Thema abzuholen.

 

Influencer (auf Deutsch: „Beeinflusser“) oder auch Creator genannt unterhalten auf Internetportalen Profile, in denen Sie Fotos oder Videos hochladen und für ihre Kunden („Fans“) sichtbar machen („posten“). Manche Portale bieten sogar die Möglichkeit von Videos in Echtzeit (sog. „Livestreams“). Die Fans zahlen hierfür meist einen Obolus an das Portal. Von diesem wird dem Influencer dann zum Beispiel 80 Prozent weiterleitet, das Portal hält sich in diesem Fall eine „Gebühr“ von 20 Prozent zurück. Diese Gebühr wurde vielfach als Vermittlungsgebühr für die Leistung des Influencers an den Fan angesehen. Der Influencer würde somit seine Dienstleistungen direkt an seine Fans erbringen.

 

Hier kommt die Umsatzsteuer ins Spiel.

 

Vermutlich ist das Finanzamt bei Ihnen auch von Leistungsbeziehungen zwischen Ihnen und Ihren Fans ausgegangen. Da auch der für die Umsatzbesteuerung maßgebliche Wohnsitz Ihrer Fans nicht festgestellt werden konnte, haben Sie die Umsatzsteuer aus diesen Einnahmen wahrscheinlich auch an das deutsche Finanzamt gemeldet und abgeführt. Vielleicht haben Sie auch bereits von dem ab dem 1. Juli 2021 möglichen One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) Gebrauch gemacht und die in den Ländern Ihrer Fans vermeintlich abzuführende Umsatzsteuer zusammengefasst beim Bundeszentralamt für Steuern deklariert und beglichen. Aber war das wirklich richtig? Hatte das jeweilige Finanzamt wirklich einen Anspruch darauf?

 

Hierzu gibt es ein ganz aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 28.02.2023, Aktenzeichen C-695/20. Hiernach gilt das Portal stets selber als Dienstleistungserbringer, wenn es die Abrechnung mit dem Fan autorisiert, ihre Erbringung der Dienstleistung genehmigt oder die allgemeinen Bedingungen der Erbringung festlegt. Mit anderen Worten erbringen Sie Ihre Dienstleistung nicht an Ihren jeweiligen Fan, sondern an das Portal. So entschied der EuGH zumindest für das britische Portal OnlyFans. In Folge dessen würden Sie keine B2C- (buisiness to customer), sondern eine B2B-Leistung (buisiness to buisiness) erbringen. 

 

Und das hat Vorteile für Sie!

 

Denn Analoges dürfte auch für vergleichbare Portale und Länder gelten. Sollten sich also Ihre Fans im Ausland befinden, sollten Sie prüfen, ob Sie nicht von einem Erstattungsanspruch gegenüber Ihrem Finanzamt profitieren können. Denn bei solchen B2B-Leistungen bestimmt das Land Ihres Leistungsempfängers, also nach der aufgeführten Rechtsprechung der Sitz des Portals, die Umsatzsteuerpflicht. Das deutsche Finanzamt jedenfalls hat im Falle eines ausländischen Portalsitzes keinen Anspruch auf Ihre Umsatzsteuer. Auf eine eventuell bestehende Umsatzsteuerpflicht am ausländischen Portalsitz hat dies keine Auswirkungen.


Grundvoraussetzung hierfür ist natürlich, dass Sie Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetztes sind. Ein solcher sind Sie, wenn Sie eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausüben. Kriterien für die Nachhaltigkeit sind insbesondere die Planmäßigkeit Ihres Handels, die Wiederholungsabsicht, die Beteiligung am Markt und die Intensität Ihres Tätigwerdens sowie Ihres Auftretens nach außen.

 

Eine weitere Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft ist, dass die Tätigkeit der Erzielung von Einnahmen dient. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist jedoch nicht erforderlich.

 

Erwähnenswert ist ferner die Kleinunternehmerregelung. Sie besagt, dass Umsatzsteuer nicht erhoben wird, solange Ihre Umsätze im Vorjahr 22.000 (bis 2019 Vorjahr: 17.500) Euro nicht überstiegen haben und nach Schätzung zu Jahresbeginn im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich auch nicht übersteigen werden. Ein Verzicht auf diese Steuerbefreiung ist jedoch möglich, manchmal auch sinnvoll.

 

Nachforderung möglich

 

Bei einem deutschen Portal ist es zusätzlich sinnvoll zu prüfen, ob Ihnen das Portal die Umsatzsteuer auch ausbezahlt hat. Ist das Portal bisher entgegen dieser Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Ihre Fans auch die Leistungsempfänger sind, wird das regelmäßig nicht der Fall sein und Sie sollten die Umsatzsteuer von Ihrem Portal nachfordern.

Download
Kolumne 01_05_2023.JPG
JPG Bild 236.3 KB