06.03.2023 | Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten
Ein Vermieter braucht aus seinen durch die dauerhafte Vermietung von Geschäftsräumen oder Hallen erzielten Mieteinnahmen grundsätzlich keine Umsatzsteuer zu bezahlen, obwohl er steuerlich als Unternehmer angesehen wird. Diese Vermietungsumsätze befreit der Gesetzgeber durch eine eigens hierfür normierte Steuerbefreiung.
Was zunächst paradox klingt, werde ich später genauer erklären: der Vermieter kann auf die Steuerfreiheit verzichten („Option“) mit der Folge, dass er Umsatzsteuer aus seinen Mieteinnahmen an das Finanzamt abführt. Gleichzeitig würde der Vermieter mit seinem Mieter vereinbaren, auf diese Miete Umsatzsteuer aufzuschlagen. Für den Vermieter ist das ein Nullsummenspiel. Der Mieter kann sich diese Umsatzsteuer unter weiteren Bedingungen vom Finanzamt als sogenannte „Vorsteuer“ erstatten lassen. Voraussetzung für eine solche Option ist die Unternehmereigenschaft des Mieters und die ausschließliche Verwendung des Mietobjektes zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen bzw. der beabsichtigte Abschluss eines Mietvertrages mit einem solchen Mieter.
Spielen wir das an einem Beispiel durch: Die monatliche Miete für ein Geschäftslokal soll 1.000 Euro betragen. Nun optiert der Vermieter, verzichtet auf die Steuerbefreiung und vereinbart mit seinem mietenden Einzelhändler, der nicht Kleinunternehmer ist, dass dieser ihm die Umsatzsteuer in Höhe von 190 Euro zusätzlich zahlt. Während der Vermieter diese Umsatzsteuer an das Finanzamt entrichtet, erhält der Mieter sie vom Finanzamt erstattet. „Was macht das aber für einen Sinn?“ werden Sie sich fragen.
Die Vorteile liegen beim Vermieter während der Mieter keine Nachteile hat. So wie der Mieter seine zusätzlich zur Miete gezahlte Umsatzsteuer („Vorsteuer“) deshalb vom Finanzamt zurückerhält, weil er in dem Geschäftslokal umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt, kann der Vermieter sich auch von den Rechnungen, die er im Zusammenhang mit der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung erhält, die darin ausgewiesenen Vorsteuern vom Finanzamt erstatten lassen. In unserem Beispiel soll das im Erdgeschoss liegende Geschäftslokal durch die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 zerstört worden sein. Zur Beseitigung der Schäden werden ihm 119.000 Euro in Rechnung gestellt. Die enthaltene Vorsteuer in Höhe von 19.000 Euro erhält er vom Finanzamt zurück.
Sofortprogramm NRW für Innenstädte
Zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren haben einige, besonders von Leerständen betroffene Städte, ein Sofortprogramm des Landes NRW übernommen: Die Stadt mietet vom Vermieter das Geschäftslokal zu 70 Prozent der ortsüblichen Miete zu festgelegten Formulierungen an. Die Stadt vermietet gleichzeitig an den Wunschmieter des Vermieters, zum Beispiel einen Einzelhändler, zu einer nur 20 Prozent der ortsüblichen Miete betragenden Miete ebenfalls zu festgelegten Formulierungen weiter. Die in beiden Mietverträgen enthaltenen Regelungen lassen jedoch in der Standardversion keine Option zu. So bestimmt sogar der Untermietvertrag ausdrücklich, dass Umsatzsteuer auf den Mietzins nicht erhoben wird. Wegen der oben beschriebenen Zusammenhänge wäre dies aber regelmäßig eine unabdingbare Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus den Sanierungsmaßnahmen des Vermieters. Die Stadt müsste ihrerseits die Geschäftsräume zur Ausführung von Umsätzen verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Dies würde aber mit einer solchen steuerfreien Weitervermietung regelmäßig nicht funktionieren. Der Vermieter kann auch durch „freiwilliges“ Abführen der Umsatzsteuer ohne Beachtung der übrigen Voraussetzungen den Anspruch auf Vorsteuererstattung nicht retten. Natürlich kommt es immer auf die individuelle Situation und auf die zeitliche Abfolge an; gegebenenfalls besteht auch nur ein anteiliger Vorsteueranspruch.
Weitere Besonderheiten bestehen noch bei bestimmten alten Gebäuden. Bei diesen kann eine Option trotz Fehlens einiger oben beschriebener Voraussetzungen dennoch wirksam vorgenommen werden, zum Beispiel bei mietenden Versicherungsvertretern oder Ärzten, also Unternehmern, die keine oder nicht ausschließlich steuerpflichtigen Umsätze ausführen.